Viele Experten glauben, dass wir am Beginn eines Zeitalters der sprachgesteuerten Assistenten stehen. Sprachgesteuerte Assistenten sind im Wesentlichen Dialogsysteme, die in bestimmten Geräten verbaut sind. So können diese Geräte mit dem Menschen über gesprochene Sprache interagieren. Zunehmende Bedeutung haben die sogenannten „Smart-Speaker“. Im Jahr 2019 wurden weltweit mehr als 100 Mio. Smart-Speaker verkauft, Tendenz steigend.
Smart-Speaker sind auch in vielen Haushalten im deutschsprachigen Raum zu finden. Die Nutzer stellen ihnen häufig allgemeine Wissensfragen. Sie verwenden sie aber auch für die Suche nach Waren im Internet. Die Smart-Speaker haben oftmals kein Display. Sie lesen dem Nutzer auch nicht duzende Suchtreffer vor, das wäre unpraktikabel. Ihr Fokus richtet sich vielmehr auf ein Suchresultat, das vermeintlich Beste.
Diese Tatsache ist wenig problematisch bei reinen Wissensfragen. Aber was sind die Folgen für die Produktsuche? Wie werden sich die Märkte, Preise, Handelsstrukturen und das Suchmaschinenmarketing entwickeln? Was sind die Folgen für Onlineshops und den E-Commerce allgemein?
Nun, die Relevanz von sprachgesteuerten Assistenten für den E-Commerce im deutschsprachigen Raum ist momentan noch gering. Ein deutlicher Anstieg in der Zunahme der Nutzung für Onlinekäufe ist kurzfristig auch nicht zu erwarten. In den USA ist die Relevanz für den E-Commerce bereits höher. Ein Grund dafür könnte eine größere Skepsis der Verbraucher im deutschsprachigen Raum sein (z. B. Datenschutz). Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass die US-amerikanischen Verbraucher in der Vergangenheit bessere Möglichkeiten hatten als die Verbraucher im deutschsprachigen Raum, um per Sprache online einzukaufen.
Die Nutzung von Sprachassistenten wird nichtsdestotrotz auch im deutschsprachigen Raum zunehmen. Der Druck auf Onlineanbieter, auf Marktplätzen verkaufen zu müssen, wird durch die Sprachassistenten zunehmen, denn die Sprachassistenten begrenzen die Produktsuche auf den Marktplatz des Herstellers des Sprachassistenten. Es ist daher anzunehmen, dass Anbieter, die noch unabhängig von Marktplätzen sind, es zukünftig schwerer haben werden, weiterhin mit ihren autonomen Webshops zu wachsen. Sie werden von der steigenden Zahl von Marktplatz-Kunden zunehmend seltener wahrgenommen, insbesondere auch bei der Sprachsuche. Sie verlieren mithin den Zugang zu potenziellen Kunden, unabhängig davon, wie günstig und gut ihre Angebote sind. Dementsprechend intensiviert sich der Wettbewerb um Besucher unter den autonomen Onlineshops.
Wenn Produkte per Sprache gekauft werden, dann sind das in der Regel geringwertige, vergleichbare, bereits gekannte oder oft benötigte Produkte. Beispiele hierfür sind Tierfutter, Hygiene-Produkte, Küchenartikel sowie Putz- und Pflegemittel. Verkäufer solcher Produkte werden zuerst vom Wandel hin zum Voice-Commerce betroffen sein.
Folgen für den E-Commerce
Suchmaschinenmarketing wird in der Folge für den E-Commerce an Bedeutung verlieren. Der Grund ist, dass die Suche nach Waren zunehmend auf Marktplätzen stattfinden wird, anstatt außerhalb von Marktplätzen. Aus Sicht der Onlinehändler wird der Kontakt zu potenziellen Kunden grundsätzlich immer weniger über den regulären Webauftritt stattfinden. Auf den Marktplätzen orientieren sich die Kriterien der Suche an persönlichen Vorlieben, die die KI kennt und anderen Kriterien, z. B. den „Amazon Choice“ Kriterien. Die klassischen Arbeiten zur Suchmaschinenoptimierung wie z.B. Linkbuilding und Onpage-Optimierung, werden daher zunehmend bedeutungsloser. Für alle anderen Webseitenbetreiber wie lokale Dienstleistungsunternehmen, Gastronomie usw. wird Suchmaschinenmarketing jedoch zumindest in den nächsten 5 bis 10 Jahre ähnlich wichtig bleiben. In Zukunft werden Maßnahmen zur Anpassung an die steigende Anzahl der Voice-Searches für diese Webseitenbetreiber daher zunehmend wichtiger.
Die Inhalte einer Webseite sollten dem Nutzer grundsätzlich viel Mehrwert bringen und außerdem speziell für die Voice-Search angepasst sein (Speakable Markup). Wenn es um sich um die reine Suche von Informationen handelt, gibt es häufig auch einen Suchtreffer, der das Thema vollumfänglich behandelt und mit dem nahezu alle Nutzer zufrieden sind. Das Ergebnis, welches von Google in der regulären Suche als Position „0“ angezeigt wird, wird sehr wahrscheinlich auch der Suchtreffer seiner sprachgesteuerten Assistenten sein. Diesbezüglich ist wichtiger denn je, einen hervorragenden Content anbieten zu können. Content-Marketing ist diesbezüglich als die Maßnahme zu sehen, welche langfristig den höchsten ROI bietet.
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